Eine Reise ins Zentrum des Holocaust
Was von einer Fahrt zu den Gräueln des Holocaust bleibt, ist ein Film. Den halten die 17 Schülerinnen und Schüler aus Ratekau und Timmendorf, die im September 2019 an der Projektfahrt nach Auschwitz teilgenommen haben, nun in ihren Händen – 40 Minuten Erinnerung, festgehalten von Kameramann Finn Nissen, der die Jugendlichen während der achttägigen Fahrt begleitet hat.
Günter Knebel, Geschichtslehrer an der Cesar-Klein-Schule in Ratekau, organisiert diese freiwilligen Projektfahrten zum dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte seit 2017. Eine Kooperation mit dem Ostseegymnasium Timmendorfer Strand (OGT) entstand zum Gedenktag des Holocaust-Gedenktages, der am OGT begangen wird. Der Film „Licht ins Dunkel“ zeigt, wie nachhaltig die Fahrt zum Zentrum der Massenvernichtung jüdischen Lebens während des Nationalsozialismus auf die Teilnehmer*innen aus den 10. und 11. Jahrgängen der Cesar-Klein-Schule und des Ostseegymnasiums gewirkt hat.
Die Jugendlichen haben sich vorbereitet und im Vorfeld der Fahrt zum Schicksal einiger der rund 500 Juden recherchiert, die zur Zeit der Machtübergabe 1933 in Lübeck lebten. Zu ihnen zählte auch die Familie Mecklenburg. 1938 emigrierten Heinrich Herbert und Therese Mecklenburg mit ihren Kindern Hanna und Hermann nach Belgien. Nach dem deutschen Überfall und der Besetzung Belgiens wurden Therese Mecklenburg, die 20-jährige Hanna und der 15-jährige Hermann 1942 nach Auschwitz deportiert und in der Gaskammer ermordet; der Vater kam in Gurs, einem südfranzösischen Internierungslager ums Leben.
In einem der berührendsten Momente des Films lesen die Schülerinnen Emily Klaßen und Chiara Groyer im Vernichtungslager Birkenau einen von ihnen verfassten Brief an die so jung ermordete Hanna vor: „Vermutlich reicht unsere Fantasie nicht im Ansatz dazu aus, uns vorzustellen, wie Sie sich während Ihres Aufenthaltes dort gefühlt haben müssen.“ Die Schülerinnen haben Steine vom Ostseestrand mitgebracht, als Symbole für „Frieden, Ruhe, Sorglosigkeit und Geborgenheit“, die Hanna während ihres angsterfüllten Lebens nicht erfahren konnte.
Regine Ley, Lübecker Nachrichten
Die Teilnehmer*innen der Fahrt berichten noch Monate später wie die Eindrücke und Erlebnisse sie beschäftigen. Für sie ist damit verbunden, die Erinnerung an den Holocaust wachzuhalten und sich heute gegen Antisemitismus und Rechtsradikalismus einzusetzen.